Beobachtet man Erwachsene zeigen sich oft gleiche Verhaltensmuster im Umgang mit Kindern. Liebe geben wird gleichgesetzt mit einem Geschenk, das aus Geld oder anderen materiellen Dingen besteht. Zudem knüpfen viele Erwachsene Bedingungen an das Geschenk: „Wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast, darfst du spielen gehen“. Dieses Verhalten wird vom Kind übernommen – es stellt gleichsam seine Bedingungen: „Wenn ich in der Schule gut bin, bekomme ich ein Playmobilauto“.
Dem Kind wird unbewusst vermittelt, dass Liebe gekauft werden kann oder gleichzusetzen ist mit irgendwelchen Gegenständen. Dann üben sie vielleicht jede Arbeit und sogar das Spiel nur noch dazu aus, um Beachtung zu finden. In der Montessori Pädagogik geht es viel mehr darum, dem Kind Zeit und Zuwendung zu geben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Nur so ist es ihnen möglich, das Spiel und die Arbeit für ihre persönliche Vervollkommnung und für ihre eigene Entwicklung zu nutzen.
Mit der Montessori Pädagogik ausgedrückt heißt dieser Leitsatz:
„Hilf mit es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es selbst tun. Hab aber auch Geduld, meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Bitte beobachte mich nur und greife nicht ein. Ich werde üben. Ich werde meine Fehler, die ich mache, erkennen. Das Material zeigt sie mir selbst.“
Maria Montessori drückt dies folgendermaßen aus:
„Wonach suchen wir denn wirklich beim Kind? Fast immer sind wir auf der Ausschau nach Fehlern – nicht nur nach denen, die das Kind gemacht hat, sondern auch nach denen, die es machen könnte. Das Einzige, was wir wirklich tun müssen, ist unsere Grundhaltung gegenüber dem Kind zu ändern und es zu lieben, mit einer Liebe, die an seine Personalität glaubt und daran, dass es gut ist. Die nicht seine Fehler, sondern seine Tugend sieht, die es nicht unterdrückt, sondern es ermutigt und ihm Freiheit gibt.“
Viele Erwachsene glauben, dass sie eine wichtige Unterstützung für das Kind sind, indem sie auf ihre Fehler aufmerksam machen, oder sie beheben. Meistens greifen sie schon vorher ein, damit die Kinder erst gar keine Fehler machen können. Kinder, die von solch ehrgeizigen Erwachsenen unterrichtet werden, entwickeln schnell Minderwertigkeitsgefühle. Und so kommt es oft vor, dass Kinder sagen: „Ich kann das nicht“, auch bevor sie eine Arbeit begonnen haben. Kinder müssen Fehler machen dürfen!
Oft fällt es uns schwer klare Grenzen zu setzen, aus Angst, lieblos, streng und autoritär zu wirken und damit selbst auch weniger Anerkennung zu finden. Mit dieser Orientierungslosigkeit entsteht aber eher ein emotionales Durcheinander von Nichtachtung der gegenseitigen Bedürfnisse. Für Kinder ist es wichtig, dass wir Erwachsenen akzeptieren, dass ihnen Grenzen oft nicht gefallen, sie jedoch ihre Gefühle zum
Ausdruck bringen dürfen – sei es durch Schimpfen oder Weinen. Gleichzeitig erfahren sie, dass Grenzen fest sind und weder durch Proteste noch Weinen verschwinden. Schließlich müssen sie spüren, dass wir auch in schwierigen Situationen bei ihnen sind und dass wir sie lieben, auch wenn wir sie etwas nicht tun lassen, dass sie gern möchten. Kinder brauchen Grenzen, um in Frieden heranwachsen zu können. Wenn wir Erwachsene es wagen, auf klare aber respektvolle Weise Grenzen zu setzen, dann ist das eine Wohltat für alle.
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